Bunte Sopranflöten

Artikulation – Sprechen mit der Flöte (1)

Ich kenne ja meine Leserinnen und Leser nicht. Nachdem die letzten Beiträge sich mit der historischen und auch der brandaktuellen Instrumentenentwicklung (siehe Elody) beschäftigten, setze ich heute meinen kleinen Kurs_Basics fort. Möglicherweise gehören gerade Sie zu denen, für die genaue Informationen zu spieltechnischen Details sehr interessant sind. Prima! Wenn nicht: ein Klick – und wir sehen uns vielleicht beim nächsten Beitrag wieder. Ansonsten wünsche ich viel Vergnügen beim Lesen und evtl. Trainieren.

Der Ansatz
Tatsächlich benötigen wir zum Flöte spielen außer den Fingern noch einen Bereich unseres Körpers, den man nicht einsehen kann – und genau dies macht es ja so schwierig! Ausgerechnet in der Mundhöhle spielen sich die komplizierten Wechselwirkungen von Gaumen, Zähnen, Zunge und Atemluft ab. Aber erst mit gekonnt beherrschter Artikulationstechnik kann man Flötenmusik verständlich und ausdrucksvoll zu Gehör bringen.
In der Praxis habe ich schon die unterschiedlichsten Techniken erlebt, wie man mit diesen Mundwerkzeugen einen Ton erzeugen kann – alle funktionieren auch prompt bis zu einem gewissen Grad. Allerdings fällt schnell auf, dass die Ergebnisse entweder klanglich nicht überzeugen, im Tempo nicht zu steigern sind, unglaublich viel Luft verbrauchen oder etwa noch zu ständigem In-die-Flöte-Sabbern (sorry) führen.
Am besten funktioniert doch die Methode mit den D’s oder T’s, wie sie die barocken Meister beschreiben. Da das gar nicht so einfach ist, sondern richtig gut trainiert werden muss, fangen wir ganz von vorne an.

Beginnen Sie mit diesen drei Übungen:
1.  Spitzen Sie die Lippen wie zum Pfeifen. Legen Sie dann Ihre Zunge so an den Gaumen, dass Sie quasi den oberen Mundraum mit ihr auskleiden. Ganz wichtig dabei: Die Zungenspitze liegt rundherum etwas unterhalb der inneren Schneidekante der Zähne (gilt auch für Franken!) . Und nun versuchen Sie, einen Vokal – z.B. ein „Ö“ – zu singen oder auch nur, die Luft auszublasen. Und? Geht nicht? Kann ja nicht, denn unser oberer Mundinnenraum bildet mitsamt der Zunge als unterer Begrenzung  einen röhrenförmigen „Windkanal“ – und den haben Sie gerade mit der Zunge vorn verschlossen, nichts geht mehr durch.  Man nennt dies den „Zungenabschluss“, nicht zu verwechseln mit einem „Düü-t“, bei dem die Zunge den Kanal am Ende wieder geöffnet hat.

2. Geben Sie nun, wieder mit Pfeiflippen, der oben angelegten Zunge ganz wenig mehr Raum – gerade nur so viel, dass Sie mit gespitzten Lippen hörbar ein ca 3 Sekunden langes „Döööööööö“ singen können. Beobachten Sie, dass die Seitenränder der Zunge immer noch an einigen Stellen die seitlichen oberen Zahnoberflächen berühren und dadurch die Zunge in der Mitte etwas nach unten gewölbt wird – wie die untere Hälfte einer Röhre. Und wieder: Keinesfalls darf die Zunge die Begrenzung der Zähne durchbrechen. Ganz wichtig immer:

Flöte: Vor den Zähnen / Zunge: hinter den Zähnen.

Damit schließen Sie aus, dass beim Flöte spielen die Lippen oder gar das Instrument von der Zunge berührt und befeuchtet werden.
Halten Sie nun – während Sie ein langes Dööööööö sprechen –  die Innenfläche ihrer Hand dicht vor den Mund. Sie spüren vermutlich einen gleichmäßig strömenden Luftzug. Unser persönlicher Windkanal ist also geöffnet – ein langer Ton erklingt! Dieser gleichmäßig fließende feine Luftstrom wird Sie durch alle Flötenmusik begleiten. 

3. Wenn Sie nun kurze Töne spielen möchten, ändern Sie bitte nichts am gleichmäßig ausströmenden Atem. Sie starten wieder in der Pfeifstellung. Vergewissern Sie sich, dass die Zunge noch leicht abgestützt rechts und links die Zähne berührt und sprechen Sie nur durch Bewegung der Zungenspitze: Dödödödö dödödödö. Kontrollieren Sie auch jetzt mit der Handinnenfläche den „Luftausstoß“. 1-064Die kleinen Impulse sind quasi Perlen auf einer Kette, Ihr Atem ist das durchlaufende Fädelband.
Vielleicht hilft Ihnen auch noch ein anderes Bild: Nehmen sie einen Gartenschlauch und lassen Wasser hindurch fließen. Mit Ihrer Hand stoppen Sie durch Verschließen jeweils ganz kurz den Wasserstrom – und öffnen ihn gleich wieder. Es entstehen rhythmische Impulse – der Wasserdruck selbst lässt aber nie nachDie völlig gleichmäßige Aneinanderreihung von Einzeltönen – mit einer Zungenspitze, die sich ganz leicht im Windkanal bewegt – kann man auch ohne Flöte wunderbar beim Fahrradfahren singend oder in anderen unbeobachteten Momenten trainieren. Im nächsten Artikel werde ich beschreiben, wie man Töne unterschiedlich artikuliert spielen kann. Bis bald also!
Falls Sie etwas fragen oder bemerken möchten, bin ich sehr gespannt! Es geht ziemlich viel weiter unten bei „Hinterlasse einen Kommentar“. Danke.

 

3 comments

  1. DANKE! Ich lerne gerade Blockflöte spielen anhand einer Flötenschule, da sind Ihre Hinweise hilfreich und hochwillkommen!

    1. Vielen Dank für den netten Kommentar, freut mich natürlich, wenn mein Artikel hilfreich ist! Dann wünsche ich weiter erfolgreiches Erobern unseres spannenden Instruments!

  2. Hallo liebe Frau Pape, vor kurzem habe die die Tenorblockflöte kennengelernt. Als Kind lernte ich Sopran, die deutsche Griffweise. Aber ich habe alles bezüglich der Atmung vergessen. Oder es wurde uns nicht gesagt. Jedenfalls versuche ich nun, mit meinem Fagott-Ansatz Blockflöte zu spielen, das klappt irgendwie nicht so gut. Im Musiker-Forum wurde ich auf Ihren Blog aufmerksam gemacht. Ich danke Ihnen für Ihre Seiten! Auch wenn ich im Moment nur Bahnhof verstehe. Wohin nochmal mit dieser blöden (viel zu großen) Zunge? 😉 Und tatsächlich nur Hauchen???
    Aber ich gebe nicht auf! 🙂

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