Immer wieder erlebe ich Schüler*innen, die Noten nicht so lesen können, wie Musiklehrende sich das als „normal“ vorstellen. Sie können auch nach Jahren kaum etwas vom Blatt spielen – und haben beim Erarbeiten eines Stücks charakteristische Probleme. Oft staunen wir, dass sie eine Note erst sehr lange anschauen, bevor sie Ihren Namen nennen. Die Lage in den Zwischenräumen wird verwechselt, ebenso wie „gleich aussehende“ Töne, etwa im Violinschlüssel tiefes E / hohes F, tiefes C / hohes A. Wiederkehrende Muster werden nicht als solche erkannt. Dies betrifft melodische wie rhythmische Folgen. Sätze wie die folgenden versetzen sie allenfalls in Panik: „Siehst du denn nicht, dass diese Tonreihe nach oben geht?“ „Siehst du nicht, dass das ein t i e f e s E ist?“ „Siehst du nicht, dass diese kleine Reihe sich dauernd wiederholt“ „Siehst du nicht, dass das genau die Nachbarnote ist?“
Erfassen der individuellen Lernstrategie
Da sie die Musik lieben wie andere auch, müssen wir im Unterricht versuchen zu verstehen, wo die Probleme liegen – und mit welcher Strategie man sie erfolgreich angeht. Möglicherweise gibt es eine Art Notenlese – Legasthenie, die gleichzeitig mit – oder unabhängig von sonstigen Leseproblemen auftritt ? Toller Einstieg: Der ausführliche Vortrag von Annika Sabrowski auf Youtube. Über eigene Versuche in den nächsten Monaten werde ich berichten.
Du beginnst deinen Weg in die Musik also auf dieser kleinen Flöte. Herzlich willkommen! Auf Blockflöten klingt die kunstvolle Musik früherer Jahrhunderte besonders toll – oder auch die ganz neue, die täglich für uns geschrieben wird und oft sehr spannend oder ein bißchen verrückt klingt. Bald kannst du schon selbst Lieder über Tiere, den Sonnenschein oder den Mond spielen. Wenn du etwas älter bist und es dann richtig gut kannst, könntest du auch in einem Quartett (zu viert also) oder in einem Blockflötenorchester mitspielen.
Damit du gleich einmal etwas anschauen und hören kannst, habe ich hier ein paar Links zu youtube videos mit berühmten Blockflötenspieler/innen ausgesucht, (draufklicken!): Dorothee Oberlinger mit Orchester, Flanders Recorder Quartett, Quartett New Generation, „Wildes Holz“ und Quinta Essentia.
Ensemble Saltarello Erlangen auf Bass- bis Subbassblockflöten (MusiCeum)
In Ensembles spielen wir Blockflöten in allen Größen, manche sind so groß wie ein Erwachsener und klingen ganz tief, wie ein Kontrabass. In diesem Blog kannst du dir Fotos davon ansehen, wenn du oben in der Leiste auf das Kapitel vom Erlanger Blockflötenorchester klickst. Wieso eigentlich B L O C K Flöte?
Blockflöte nennt man sie, weil ihr Kopf immer aus zwei verschiedenen Hölzern gebaut ist: Der Korpus ist vielleicht aus gut klingendem Ahorn, aus Birnbaum oder Buchsbaum, manchmal auch aus Ebenholz – und innen steckt ein Block aus Zedernholz. Dieses Holz quillt nicht so auf, wenn man es beim Spielen stundenlang mit Feuchtigkeit überzieht. Sonst würde bald gar keine Luft mehr durch den kleinen Ritz, den Windkanal, durchgehen. Und Plastikflöten? Bei Flöten, die komplett aus Plastik sind, ist so ein Block natürlich nicht nötig. Da Plastik aber nun gar keine Feuchtigkeit aufnimmt, läuft die dann auch gern mal zu den Löchern heraus. Einige Plastikflöten haben eine rauhe holzähnliche Oberfläche, damit sie dann nicht so glitschig werden. (z.B. einige Modelle von Yamaha) Übrigens:Flötenspieler spucken nicht in die Flöte!
Spucke ist wichtig für uns – aber stört beim Flötespielen. Sicher lernst du schnell, dass die Zähne da eine wichtige Grenze sind: die Flöte hältst du zwischen den Lippen, also v o r den Zähnen. Die Zunge bleibt im Mund, also h i n t e r den Zähnen, und berührt die Flöte niemals. Dann gibt es keine „Spuckebrücke“. Warum die Flöte dann trotzdem etwas nass wird und manchmal sogar verstopft? Hast du schon einmal an einen Spiegel gehaucht? Er wird nass – obwohl du nicht gespuckt hast!
So viele Sopranflöten – von 10€ bis 1000€
Der Strohhalmtrick: Am schnellsten bekommst du die etwas feucht gewordene Flöte wieder frei, wenn du einmal „rückwärts bläst“, also wie durch einen Strohhalm die Luft kurz und schnell aus der Flöte saugst.
Wichtig: Nie das Fensterchen einer Holzflöte mit dem Zeigefinger zudrücken. An dieser Stelle ist die Flöte super empfindlich!
Auch hier im Blog kannst du dich gern noch etwas umschauen, es gibt viel zu entdecken und anzuhören. Ich freue mich auch über deine Kommentare und beantworte gern Fragen. Viel Erfolg als Flötenspielerin oder als Flötenspieler! Anne Pape
Auch in diesem Schuljahr nehmen wieder viele junge Blockflötenmusiker_innen erstmals ein Instrument in die Handund ich wünsche ihnen, dass alle Einsteiger einen richtig guten Weg in die wunderbare Welt der Musik finden! Die erste Blockflöte ist sicher eine Sopranflöte in C ? Die Bezeichnung „Sopran“ kommt von der hohen Singstimme im Chor und das „C“ bezeichnet den tiefsten Ton der Sopranflöte. Sie stammt hoffentlich aus dem Fachgeschäft und nicht aus der Spielwarenhandlung? Und sie hat die europäische, d.h. barocke Griffweise. Der Satz „Na, für den Anfang reichts….“ als Begründung für ein unbrauchbares Blasrohr – und spöttische Kommentare über das zu hörende „Gefiepe“ beinhalten den vorprogrammierten Flopp. Denn wenn ein Kind Flöte spielen lernen möchte, dann will es doch Flötenspieler*In werden! Da tut die Identifikation mit einem schönen Instrument gut – und nicht mit einem Wegwerf-Artikel, der rauscht und quietscht. Plastikflöten namhafter Hersteller sind ansonsten ok – von der durchsichtigen rate ich aber ab, da sie sofort sichtbar beschlägt. Plastikflöten mit „Holzmaserung“ haben übrigens bessere Griffeigenschaften, sind nicht so glatt. In Spielzeugläden und Supermärkten habe ich schon „Flöten“ vorgefunden, auf denen es wirklich nicht möglich war, einen klaren Ton zu erzeugen, der irgendeiner Stimmung zuzuordnen war. Hygienisch eingeschweißt erwartet einen die Überraschung erst zuhause nach dem Auspacken…
Hier drei passende Links: Griffe C- Sopranflöte Video Herstellung einer Anfänger-Blockflöte https://www.youtube.com/watch?v=INBc9_zRRqU Spaß: Hier baut der berühmte englische Flötenbauer Tim Cranmore eine seinerunglaublichen Karottenflöten: https://www.youtube.com/watch?v=ZH6nJQwOIcU Viel Spaß!
F – Altflöte von Tim Cranmore – Holz, nicht Karotte…
Die „deutsche Griffweise“ für Blockflöten ist das Ergebnis eines Versuchs, im Zuge der Wandervogelbewegung in den Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts eine ganz vereinfachte Flöte herzustellen.
Sie unterscheidet sich optisch zunächst nur durch ein kleineres 3. Tonloch (von unten) von der barocken. Dadurch wird es möglich, auf „deutsch“ gebohrten Instrumenten die ersten Töne der Grundtonleiter durch einfaches Hochheben des jeweils nächsten Fingers zu spielen, während barocke Flöten beim 4. Ton einen Gabelgriff rechts benötigen. Allerdings benötigt das einfache B der Sopranflöte in beiden Bauweisen ja ebenfalls einen Gabelgriff, nur eben links 🙂
Diese Griffweise hat sich – im Gegensatz zur barocken – langfristig nicht durchgesetzt. Sie existiert in Deutschland aber bis heute vereinzelt noch im untersten Preissegment.
Foto: Links deutsche, rechts barocke Bohrung. Die Größe des vom Stift gezeigten Lochs macht den Unterschied aus. Doppellöcher können in beiden Bauweisen vorkommen!
Die deutsche Griffweise wäre kurz nach ihrem Erscheinen um 1921 oder 1926 (differierende Angaben) gleich wieder abgeschafft worden – wäre es nach dem Entwickler (gemeinsam mit dem Querflötenbauer Kurt Jacob) dieser Bauform, dem Berliner Zupfinstrumentenbaumeister Peter Harlan gegangen. Harlans sofortiger Versuch, die Verbreitung der von ihm konstruierten „Verrücktheit“ (seine Worte) zu stoppen, scheiterte jedoch: Das Flötlein verkaufte sich über viele Handelsfirmen schnell sehr gut, zuerst wohl durch die Firma Bärenreiter.
Harlan selbst entschuldigt sich in einem Interview mit dem damals führenden Musikpädagogen der Wandervogelpädagogik, Fritz Jöde, sehr betroffen und ausführlich für seine „Stümperei“ aus Unkenntnis.
Tatsächlich wurde im Blockflötenbau – damals gerade durch die Jugendbewegung wieder „in“ – viel experimentiert. Harlan sah die Blockflöte einerseits als ganz einfaches Instrument – fand aber andererseits doch, dass man darauf alles ausdrücken könne, was man wolle. Er sprach ihr eine gewisse Naivität zu, die man auch mit aller Virtuosität kaum entstellen könne. Vor allem stellte er sie sich als Instrument zum Improvisieren vor.
In Zusammenarbeit mit dem in England bereits profilierten Alte-Musik-Spezialisten und erfolgreichen Blockflötenbauer Arnold Dolmetsch begann Harlan die barocke Griffweise mit den Gabelgriffen zu verstehen. Da Dolmetschs Einfluss hier deutlich wurde, sprachen nun manche Leute sogar von einer „englischen“ Griffweise, wenn sie die barocke meinten. Wie wir von Harlans Sohn erfahren, hatte sein Vater eh nie selbst eine Flöte gebaut – und sehr bald ließ er nun auch unter seinem Namen keine Blockflöten mehr herstellen.
Das Original – Interview mit Harlan
Der Blockflötist Nik Tarasov hat den Mitschnitt des langen Harlan/Jöde Interviews (drauf klicken zum Lesen, lohnt sich!) für den Windkanal aufgeschrieben. Aufbewahrt ist das Band im Archiv der Jugendmusikbewegung, Burg Ludwigstein. Wir erfahren durch sehr persönliche Schilderungen viel über die Entwicklung eines musischen Menschen und den Stand des Instrumentenbaus im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, zur Zeit des Wandervogels. Immerhin betrat „unser“ Instrument durch diese Bewegung überhaupt wieder die musikalische Bühne!
Peter Harlan: innovativer Instrumentenbau abseits der Blockflötenirrtums Peter Harlan machte sich insgesamt für die Wiederentdeckung und den Neubau mittelalterlicher Instrumente sehr verdient. Er stand in Kontakt mit namhaften Künstlern und Instrumentenbauern der Zeit und arbeitete daran, u.a. nach den Abbildungen und Beschreibungen des Syntagma musicum (Michael Praetorius, 1615) historische Instrumente v e r e i n f a c h t neu zu bauen. Um originalgetreue Kopien ging es ihm in dieser Zeit nicht, sondern um viele für jedermann erschwingliche, einfach zu spielende Instrumente.
Harlan – ein Tonbeispielhier.
Seine „Zupfgeigen“ (Gitarrenlauten), Fideln und Gamben waren bezahlbar – und teilweise in Bausätzen selbst nachzubauen. Sie taugten ganz im Sinne des Wandervogels gut für schlichte barocke Tänze, die sich neben den Liedern des Zupfgeigenhansels in geselliger Runde spielen ließen.
Nach dem zweiten Weltkrieg zog er mit seiner Instrumentensammlung und der Werkstatt als Musikausbilder in die Burg Sternberg (Lippe). Später führten seine Söhne diese Arbeit fort. Sein in Amerika lebender Enkel Christoph schildert uns den „Grosspapa“ in einem begeisterten Aufsatz, Link leider nicht mehr abrufbar (Nachtrag 2020)