Feuerwerksmusik – mit Blockflöten?

Als Coach beim Blockflötentag in der Nachbarstadt. Für das eigene Festkonzert zum bevorstehenden Jubiläum plant ein langjährig bestehendes Ensemble eine angemessene Barockmusik: Die 1748 in London von über 100 Bläsern und Pauken vor 12 000 Zuhörern im Freien aufgeführte Feuerwerksmusik von G. F. Händel. Damit dies tolle Werk auch in der Besetzung mit Blockflöten von Sopran bis Subbass den nötigen Esprit versprüht, wurde letzte Woche ein Blockflötentag eingelegt und ich durfte mit dem Ensemble arbeiten.
Eine sehr reizvolle Aufgabe!

Royal Fireworks -  wie einst in London

Royal Fireworks – wie einst in London

Die Spielerinnen hatten sich  für das Arrangement von Ehrenfried Reichelt (Doblinger 04435) entschieden und bereits gut geprobt. Der Vergleich mit Händels Manuskript und den Originalausgaben   bestätigte allerdings, was beim Anhören einer Einspielung bereits auffiel:
1. Von der prächtigen 10-minütigen französischen Ouverture ist bei Reichelt nur der erste Teil enthalten,  das ist ca. 1/4 des Satzes, wie schade. Allerdings: Der fehlende schnelle und federnde Ouverturenteil ist deutlich schwieriger einzustudieren, als der Rest der Musik.
2. Händels Menuette 1 und 2 sind bei Reichelt anders tituliert und in der Reihenfolge vertauscht: Aus Händels erstem Menuett, mit der Angabe „Menuet, 2 fois“ = Menuett, zweimal zu spielen, wird bei Reichelt ein “ Trio“, was nun dem zweiten Menuett folgt. Das  „2 fois“ auf den Originalnoten verursachte wohl den Irrtum, es an zweite Stelle zu bringen?
Schön: Die Reichelt-Fassung traut sich, die Sopranflöte auch mal bis zum hohen C  jubilieren zu lassen, was uns sehr gut gefiel!
Zum Vergleich brachte ich die Fassung von Bornmann (Bornmann Verlag, Festl. Musik Bd, 5) mit: Dort gibt es eine vollständige Ouverture und die korrekte Reihenfolge. Die kaum wirklich zu bewältigende Transposition/Bearbeitung für Blockflöten führte bei Bornmann teils zu anderen Lösungen (z.B. anderen Tonarten, tieferer Lage) als bei Reichelt. Vielleicht fürs nächste Mal?
In der Arbeitsphase ging es um Merkmale des französischen Stils – in dem, entsprechend dem  Zeitgeschmack – die Feuerwerksmusik geschrieben ist:
Die Form der Ouverture
Überpunktierungen und ihre Wirkung,
Inégalité
die vielen kleinen Verzierungen, („wesentliche Manieren„) die den Sätzen gleich einen brillanten Glanz brachten, wenn man schon keine Trompeten hat……
Zu allem braucht es eine deutliche Aussprache – also eine präzise Artikulation. Es überzeugt, wie deutlich man dann sofort den Unterschied hört.
Auch die Hemiolen in den Dreiertakt – Nummern wurden erarbeitet und ließen es gleich runder laufen. Die Hemiolen der Sätze „La Paix“ und aus den beiden Menuetten habe ich in zwei Arbeitsblättern vorbereitet, hier sind sie:

Hemiolen_FeuerwerkHemiolen_Feuerwerk-02
Es ist nicht möglich, die bombastische und gewollt majestätisch bis militärisch klingende Musik gleichartig mit Blockflöten zu realisieren. Aber mit viel Stilgefühl, Präzision und flottem Tempo gelingt eine richtig festliche Barockserenade, davon waren am Ende des Tages alle überzeugt.
Und es ist zu erwarten, dass bei dieser Aufführung nicht – wie damals bei Händel – Häuser abbrennen und Chaos entsteht.
Viel Erfolg also!