Wildes Holz – trauriger Abschied von Anto Karaula

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/IzfPe7efIiI

August 2018. Plötzlich und unerwartet verstarb Anto Karaula, Gitarrist, Komponist, Arrangeur, am 15. August, während des Urlaubs am Bodensee.
Er hinterlässt eine Familie mit seiner Frau und Kindern, zwei wilde Hölzer und eine fassungslose, trauernde Musikszene.

Seit nun schon zwanzig Jahren bereichern die „drei wilden Kerle“, wie sie sich selbst gern nennen, mit rockiger, poppiger, rappiger, oft lautstarker – gelegentlich auch mal sentimentaler Musik die Konzertsäle: Tobias Reisige (Blockflöte), Markus Conrads (Kontrabass) und Anto Karaula (Gitarre).
In etlichen Workshops haben sie Kinder und Erwachsene dabei begleitet, sich ebenfalls mal aus der gewohnt barocken Blockflötenwelt zu wagen – insbesondere den Mut zu eigenen Improvisationen zu entwickeln. Geduldig lieferten sie dabei zu dritt den musikalischen Untergrund, auf dem jede kleine Tonfolge, jeder Triller – und auch jeder Quietscher der Kursteilnehmer/innen immer noch irgendwie gut klangen, akzeptiert oder sogar gelobt wurden. Ihre Notenausgaben und vielen CDs, wie „Wildes Holz vor der Hütte“  oder „Mildes Holz“,  „Astrein“, „Wilder die Flöten nie klingen“ sind hier Bestseller geworden, ihre Konzerte lockten (auch) das ganz junge Publikum vor die Bühne.
Besonders freute es mich, dass ich bei einem ihrer Workshop-Konzerte hier in Erlangen einmal ihre Gastgeberin sein durfte. Ich lernte unglaublich nette, lustige, „große Jungs“ kennen.

Wildes Holz postete vor ein paar Tagen auf Facebook zum Andenken das wunderschöne Musikvideo oben, „Dear Moll“ – komponiert von Anto Karaula, gefilmt von Silke de Vos bei den Aufnahmen zur im Frühjahr erst erschienenen CD „UNGEHOBELT“.
Markus Conrads und Tobias Reisige haben einen sehr schönen Satz gepostet:
„Möge irgendwann die Dankbarkeit, so viele schöne Momente mit diesem wunderbaren Menschen erlebt zu haben, den Schmerz und die Trauer überwiegen!“
Sie sagen auch: Anto Karaula sei die gemeinsame Musik so wichtig gewesen, er würde wollen, dass es weiter geht, sobald die Kraft dazu wieder reicht

Und hier der Trailer zu „UNGEHOBELT“:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/4fxBUPOo_Fs

Gerd Melchers – Blockflötenbaumeister, ein später Nachruf

Ein M in Sonnenstarhlen, Logo des Flötenbaumeisters Gerd Melcher

Logo Melchers: Das M in Sonnenstrahlen

Es muss so Ende der 80ger gewesen sein, als die erste Blockflöte aus der Essener Werkstatt von Gerd Melchers meinen Weg kreuzte. Ich war sofort Feuer und Flamme und hatte das sichere Gefühl: So, und  n u r  so muss  meine  Blockflöte klingen! Obwohl für mich damals sehr teuer (über 2000 DM) – wurde sie schnell meine: eine dunkel und edel klingende Stanesby Alt in 415hz, die ich dann „Rosinante“ taufte.
Sie sollte nicht lange allein bleiben: Für unsere Konzertwünsche baute Melchers „rasch mal“ und zum ersten Mal in seinem Leben eine Voiceflute in D, in 415hz (die dunkle im Foto), damals noch mit zwei Köpfen zum auswählen, da er selbst unsicher war. Eine Ganassisopran mit zwei Mittelstücken folgte (genauer sogar drei – eins zur Korrektur der etwas zu tief geratenen Stimmung) – bis heute eins meiner warm und weich klingenden Lieblingsinstrumente!
Im Frühjahr 1991 wurde  auch die barocke Sopran in 415 fertig, jammerschade, dass ich sie heute kaum noch einsetzen kann.

Bestens gelaunter Flötenbauer mit gefülltem Koffer 

Vier auseinander gebaute Blockflöten von Gerd Melchers

Sopran Terton 415, Voiceflute D 415, Alt Stanesby 415, Ganassi 440 / 415

Recht bald hatte ich auch Schüler/innen mit meiner Begeisterung über den schönen Klang von Melchers Instrumenten angesteckt. Ich traute mich, Gerd Melchers ganz privat nach Erlangen einzuladen, um im kleinen Kreis seine Instrumente vorzustellen. Auf große Ausstellungen wollte er dagegen nie mehr fahren, weil er nicht ertrug, wie zig Leute lieblos mit seinen Instrumenten spielten, wie er fand.
Aber zu uns kam er! Wie es schien, hatte er ein viel größeres Interesse daran, auf seinen nagelneuen Renaissanceflöten mit uns den ganzen Abend Consort zu spielen, als unbedingt ins Geschäft zu kommen. Er war sehr interessiert an Feedback zu Klang und Ansprache, war ständig an Weiterentwicklung seiner Technik interessiert. Sorge um eine Überanstrengung der werkbankfrischen Flöten hatte er überhaupt nicht. Melchers erzählte uns ganz nebenbei, dass er (alle?) Instrumente für den Blockflötisten Hufeisen nach dessen Wünschen baue.
Es wurde ein unvergesslicher Tag mit einem bestens gelaunten Flötenbauer. Wir spielten bis in die Nacht. Um uns schwebte der Duft nach Leinöl mit etwas Rosmarin, daran kann ich mich noch gut erinnern. Bei mir blieb eine alltagstaugliche Alt nach Anciuti in 440 hz mit Doppelloch „hängen“ 🙂 nicht im Foto.
Bald kam irgendwie Unruhe in sein Leben, er erzählte vom bevorstehenden Umzug an den Bodensee, Ausbau eines Bauernhofs, geplanter Hochzeit, völlig neuer geänderter Flötenbauweise („Schmeißen Sie die alten weg, ich repariere die auch nicht mehr, ich tausche sie gegen neue“) – und manchmal fand ich alles ein bissel „too much“, ohne es genauer begründen zu können. Und auf einmal war Gerd Melchers nirgends mehr erreichbar. Für mich ein Loch, was mir gar nicht geheuer war. In Fachkreisen wurden die unterschiedlichsten Dinge gemunkelt. Nichts genaues.
Als einziges Dokument hatte ich nur seine Preisliste – kein Foto, nichts im Internet.

Verschnörkeltes M auf Rot„Gerd Melchers ist ca. 2009 gestorben. Von seiner Krankheit hat er sich nie erholt.“ Diesen Vermerk fand ich vor einigen Tagen auf der Seite des Blockflötenmuseums. Alt kann er da nicht gewesen sein. Machte mich traurig.
Mit diesem kleinen Artikel möchte ich die Erinnerung an jemanden wach halten, der das verdient hat – und Gerd Melchers danke dafür sagen, dass er so engagiert für diese Klänge gelebt und gearbeitet hat. Sie haben meine Klangvorstellung in den 90gern sicher geprägt und mich darin unterstützt, andere vom Klang einer Blockflöte zu begeistern.
Übrigens: Natürlich spiele ich ebenso gern auf den tollen Blockflöten, die  h e u t e  gebaut werden, ist doch klar!

Gerd Melchers Preisliste Blockflöten 1993

Melchers Preisliste 1993/94, Ausschnitt, das einzige mir erhaltene Dokument.

 

Lieblingshefte 4: Weihnachten 2017

Wenn es draußen schneit und stürmt, bleibe ich doch lieber im warmen Büro und berichte über sechs besonders schöne Weihnachtsnotenhefte.

Weihnachtslieder für Sopranflöte, rotes Buch mit Engeln, B. Ertl

Bestens bewährt: VHR 3624

1) „Das Rote“: Weihnachtslieder für die erste Flötenweihnacht
Seit es auf dem Markt ist, bewährt das Heft sich jedes Jahr wieder, da es die Flöteneinsteiger*innen da abholt, wo sie gerade stehen. Die ersten Lieder im Heft, oft von der Autorin Barbara Ertl selbst erdacht, brauchen nur 4 Töne. Weiter hinten dann findet man schon die ersten richtig bekannten Weihnachtslieder. Auch die sind sorgfältig ausgewählt, groß gedruckt und in einer Tonart gesetzt, die die gerade erst erworbenen Kompetenzen berücksichtigt. So brauchen kleine Hände in den meisten Liedern noch kein F, kein tiefes C und keine überblasenen Töne. Einige Lieder haben aber sogar eine zweite Stimme.
Bei aller Einfachheit ist das ein Weihnachtsheft, das man sich gern aufhebt. Übrigens auch mit Play along CD erhältlich.

 

Weihnachtsliederbuch für Blockflötenquartett, grün

Gelungen: BÄ 6273

2) „Das Grüne“ für weihnachtliche Quartette SATB, 
jedes Jahr wieder findet sich dort etwas passendes drin. Sehr kurze barocke Sätzlein aus berühmten Werken von Händel, Purcell, Rathgeber und Scheidt. Diese Miniaturen klingen auf Blockflöten alle sehr süß, mal wie ein Hirtenmarsch, mal wie die Englein an der Krippe. Gerade durch die Kürze sind sie auch in weniger Zeit gut einzustudieren.
Das Heft ist zwar nicht teuer (unter 10 €), aber es wäre doch schön, wenn Stimmen drin lägen und man gleich loslegen könnte!

Rotes Notenbuch mit barockem Musiktitel

Variationen über die Melodie des französischen Lieds „Ah! Que vous dirai-je Maman!“ von M. Corrette,
 (1709-95), für zwei Melodieinstrumente und B.c.  Enthalten im Buch links. Hier zum Anhören, gespielt von der Capella Savaria auf historischen Blasinstrumenten
Über diese Melodie (mit einem romantisch verschwurbelten Originaltext, hier klicken) haben unglaublich viele Komponisten Musik geschrieben. Herr Mozart wird oft irrtümlich als der Komponist genannt, komponierte aber darüber lediglich 12 Variationen für Klavier. Auch Liszt, J.C.F. Bach und C. Saint-Saens verarbeiteten diese Vorlage. Mit dem Text von Jane Taylor wurde es um die Jahrhundertwende zum 20. Jh. auch zum englischen Lied über einen Stern am Himmel: „Twinkle twinkle little Star!“
In Deutschland wurde die Melodie zum berühmten Weihnachtslied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“.  Drei Variationen im Heft sind für zwei versierte Altflöter mit B.c. das gefundene Fressen, am virtuosesten sind die Folia – Variationen von Vivaldi. Eine der vier Nummern (Purcell) ist für S/A).  Auf dem Titelblatt stehen ungenaue Besetzungs-Angaben, es sind ja keine Duette.  EMB Z.141373)

Zwei Weihnachtsnotenhefte für Sopran- und Altflöten, B. Ertl

VHR 3646 u. VHR 3747

4) Flötenweihnacht (S) – wenn man dann schon fortgeschrittener ist.
Barbara Ertl hat hier eine besonders gelungene Liedermischung zusammengestellt: Altes, volkstümliches, aber auch das Lied von Rudolph, dem Rentier. Kirchlich betontes wie Maria durch ein Dornwald ging – aber auch der Kleine Drummerboy. Ich finde, alle wichtigen schönen Lieder stehen drin, noch wenige Vorzeichen werden benötigt und zum Glück auch keine allzu hohen Töne 😉
5) Altflötenweihnacht – nicht nur ein „Abklatsch“. In diesem schönen Heft (ich finde die Hefte mit ihren Illustrationen von Wolfgang Steinmeyer auch optisch sehr gut gelungen!) sind nochmals neue Lieder dazu gekommen. Da zeigt sich Barbara Ertls Praxiserfahrung: jedes Kind freut sich, wenn es nun dieses Jahr auf der Altflöte nicht nur das gleiche spielen muss, wie letztes Jahr auf der Sopranflöte. Und damit man den Lieblingsliedern nicht nachtrauern muss, sind die auch wieder mit drin. Sehr gut gemacht! Auch dieses Heft kann man mit Play along CD bestellen, wenn man will.

blaues Notenbuch mit weißen Ziernoten, Quartette zu Weihnachten

6) Last but not least: Weihnachtslieder im Quartett SATB, schön gesetzt, relativ unkompliziert zu spielen – genau das, was ein Ensemble in diesen Wochen als Basis braucht. Mal wieder hat Johannes Bornmann die passende Lösung im Angebot und weiß, was gut klingt. Und: Es sind gleich vier Stimmen mit im Heft. Super! Sollte man also haben: MVB 53

 

Ich wünsche allen Flötenliebhaber*innen gemütliche adventliche Musikstunden mit diesen und den vielen, vielen anderen tollen Notenbüchern!

 

 

Lieblingshefte 3: Französische Vögel

Zwei Notenhefte Vogelstücke für Blockflöten im grünen Gras Vögel können so schön singen – und wir Menschen tun es ihnen nach.

Zu allen Zeiten wurden unzählige „Vogelstücke“ komponiert, oft ganz schön virtuos, denn die kleinen gefiederten Sänger haben es ja schließlich drauf! Aus der Feder Francois Couperins (1668-1733) stammt  die Sammlung „Pieces de Clavicin,  Livre III“ mit vier Vogelstücken.
Der berühmte Carl Frederic Dolmetsch (1911-1997) hat  drei dieser Stücke für Blockflöten bearbeitet – sicherlich, weil Flöten den Vögeln doch viel ähnlicher klingen als Tasten. Diesem engagierten Flötisten, Blockflötenbauer und Pionier der damals schon so genannten „historischen Aufführungspraxis“ verdankt unsere Flötenszene viel.

Am besten gefällt mir Dolmetschs Flötenfassung dieser beiden Nummern:
1. Le Rossignol en Amour  – Die verliebte Nachtigall. UE 12563
Hat eine weiche, ohrwurmverdächtige Melodie, die sich gut mit Sopran oder Sopranino spielen lässt. Es macht Spaß, sie mit zig Verzierungen je nach Tagesform zu gestalten. Hier eine der vielen schönen Aufnahmen.

2. Les Fauvétes Plaintives – Die klagenden Grasmücken. UE12554
Besonders die Mönchsgrasmücke (kein Insekt, sondern ein Singvogel!) bezirzt mit edlem, flötig klarem Gesang. Ihr Lied diente vielleicht als Vorlage für Couperins Komposition?
Dolmetsch hat es erfreulicherweise für Trio AAT arrangiert – und ich mag es schon ewig. Alle drei Stimmen dürfen sich trillermäßig ins Zeug legen und dabei versuchen, traurig zu klingen. Leider fand ich keine Aufnahme auf youtube – aber vielleicht schaffen wir bald eine… Besonders fein kommt es mit 2 Altlöten in 415 daher, mit einer Voiceflute in der 3. Stimme. Die erste Stimme (wie Dolmetsch schreibt) eine Oktave höher mit Sopran/ino zu spielen, haben wir nicht probiert. Die drei Vögel singen ja auch in der Klavierfassung dicht beieinander.
Olivier Messiaen (1908 – 1992) widmete übrigens der eher aufgeregt plappernden Gartengrasmücke in „La Fauvette des Jardins“ (aus Catalogue des Oiseaux) Musik.
Und Rolf Liebermann (1910-1999) wird ein deutlich zwitscherndes Stück gleichen Titels zugeschrieben (1980) für Saxophon.

Hier ein kleiner Eindruck von Couperins Noten ( Nachtigall links, Grasmückentrio rechts) und dann: Viel Spaß beim Ausprobieren!

Flöten im Hof – Start des Ensembles Startup!

Frühjahr 2017 – Heute der Bericht über ein ganz besonderes – wenn auch kleines – Konzert.
Durch einen Mitspieler meines neuen Quartetts „Startup“ entstand die Beziehung zu einem besonderen Wohnquartier: Hier wohnen viele Leute mit speziellen Anforderungen an ihre Umgebung.
Dort haben wir uns gestern im Innenhof mit 10 kleinen Stücklein aus den beiden Volksliederquartett – Heften vom Bornmann Verlag den Hausbewohnern und ihren Gästen vorgestellt.
Sie konnten aus den Fenstern gucken oder im Hof dabei sein. Es war für sämtliche Anwesende eine große Sache und riesige Freude.
Überraschend für uns: Sie begannen begeistert mitzusingen!
Am Schluss sangen wir ein Lied gemeinsam und mussten versprechen, spätestens im Advent wieder zu kommen. Machen wir unbedingt!
Im Anschluss schmeckte uns auch der Cocktail im benachbarten Restaurant.

notenheft Tango in Trouble - Blog Anne Pape

Lieblingshefte 2: Tango und Sammartini Concerto

notenheft Tango in Trouble - Blog Anne PapeTango in trouble  – gefundenes Fressen für ein ziemlich versiertes Quartett, Besetzung A-T-B-GB. Es ist erstmal Arbeit, die schnellen 16tel – Quintolen und Sextolen synchron zu bekommen, mit denen das Stück von Anfang an gespickt ist  – und die kleinen rhythmischen Details möchten auch sorgfältig koordiniert werden. Aber es lohnt sich! Bald entdeckt man  die witzig aufblitzenden Musik-Zitate – und dann machts nur noch Spaß!
Immer mehr stellt sich das Gefühl ein, in diesem Stück zuhause zu sein:  es lässt dann sehr viel Gestaltungsspielraum zu, auch spontan während des Konzerts.
Eine gelungene Mischung von Virtuosität und Schnulze. Herrlich! (Übrigens entstand das üppig bunte Titelbild erst mehr versehentlich durch meine Dekoblumen & ihren Schatten, also nicht wundern, wenn das Heft dann eher dunkel-gedeckt daher kommt…)
(Piet Swerts, Tango in trouble, Zodiac Editions, ZEREC02, Partitur mit Stimmen)

Notenheft Sammartini Concerto in F für Blockflöten - Blog Anne PapeSammartinis berühmtes Solokonzert in F für Sopranblockflöte und Orchester – hier also gleich komplett für Blockflöten arrangiert.  Es muss halt jemand das brillante Sopran-Solo nach Vivaldi – Art übernehmen ;),  dazu kommen als Tutti ATTB bzw. ATBB. Sehr schön klingt noch ein Subbass dazu.
Das Concerto ist mit allen drei Sätzen gut zu schaffen für Blockflötenorchester, klingt  klasse und lohnend.  Mal ein „richiges“ Concerto zu spielen, machte viel Spaß.
Wir haben den zweiten Satz solistisch besetzt, dann wirkt er noch anrührender.
Das Werk bleibt in dieser Bearbeitung in Originaltonart F-Dur und ungekürzt. Das ist sehr löblich!

Giuseppe Sammartini, Concerto in F, Edition Tre Fontane 2036,
Partitur mit  e i n e m  Stimmensatz.

Lieblingshefte Teil 1 – Filmschlager & Volkslieder

Heute der erste Beitrag in meiner neuen Reihe „Lieblingshefte“. Wenn der Schwierigkeitsgrad zum Ensemble passt (nicht zu leicht!!! aber auch nicht allzu viel zu schwer) und wenn dann noch der Satz so gelungen klingt, dass er den Spieler/innen beim ersten Ausprobieren bereits Lust auf mehr macht – dann kann ein Heft richtig zum Highlight werden!
Die beiden heutigen Hefte liegen mal abseits des edlen Renaissance- und Barockrepertoires und machen besonders Erwachsenen Spaß:

Lieblingsheft Nr 1:  „4 machen Musik“,  Film – Schlager der 30ger Jahre,
damals zum Hit gemacht von Zarah Leander, Marlene Dietrich, Willi Fritsch und anderen. Jetzt wieder aktuell und von diversen Instrumentalbesetzungen  gespielt. Aus dem Inhalt: Frauen sind keine Engel, Ich wollt ich wär ein Huhn, Nur nicht aus Liebe weinen, Wir machen Musik u.a.
Die Sätze sind an sich nicht schwer, ihnen aber die richtigen Gewürze zuzufügen – also je nach Text etwas mehr Pfeffer oder mehr Schmalz – erfordert dann doch Witz und Souveränität am Instrument. Wir experimentieren auch mit der „tiefen Besetzung“: Tenor, Bass, Großbass, Subbass). Es macht Riesenspaß! Die ganz Jungen kennen die Lieder zwar oft nicht (noch nicht oder nicht mehr?), aber bekommen durch die schwelgenden Gesangszitate der Älteren schnell mit, dass es hier um etwas Besonderes geht….
Wir spielen die Stücke im Orchester, haben dazu die Notenhefte mit je 4 Stimmen 4x angeschafft. Die Stimmen gäbe es leider nur als komplette Sätze nachzukaufen, von jeder Stimme also je eins – und der Satz kostet fast so viel, wie das komplette Heft  m i t  Stimmen. Da bleiben Wünsche an den Verlag heinrichshofen & noetzel offen, der leider die Besetzungspraxis in Blockflötenorchestern nicht berücksichtigt: Sopranstimmen bleiben übrig – aber u.a. der Subbass (zusätzlich zu den Bässen)  muss sich notgedrungen mit der blättertechnisch schwierigen Partitur abplagen…..

Lieblingshefte Nr. 2  „Deutsche Volkslieder“,  2 Bände, Bornmann MVB 112 und 113
Pro Band erwarten uns 21 Lieder aus ca fünf Jahrhunderten. Johannes Bornmann hat sie mit gewohntem Gefühl für Flötenklang klasse für Quartett SATB gesetzt. Er schickt dabei  netter Weise auch die Sopranflöte nie in die allerobersten Lagen. Wenn man möchte, könnte man diese Stimme also auch mit oktavierender Altflöte spielen.
Die Zusammenstellung ist herrlich bunt: Von „Innsbruck ich muss dich lassen (15. Jh.) über Klassiker wie Mozarts Komm lieber Mai... und Trinkliedern wie Gaudeamus igitur bis zu den Volksliedern der Romantik, die mit so schönen Melodien wie Guten Abend, gut‘ Nacht oder Waldeslust bestechen: Auch witzige neuere Lieder wie Bolle reiste jüngst zu Pfingsten (gefällt mir als Berlinerin besonders 😉 und Alle die mit uns auf Kaperfahrt fahren sind im Heft.
Diese zwei türkisfarbenen Hefte tragen gerade enorm dazu bei, dass ein Quartett von leicht fortgeschrittenen Erwachsenen sich mit großer Leidenschaft erstmals mit Ensemble – Tugenden auseinandersetzen kann. Die doch recht bekannten Melodien helfen, eine Klangvorstellung zu entwickeln und erleichtern den musikalischen Kontakt ebenso wie das neue Bassschlüssel – Lesen.
Übrigens: Wir haben die Lieder beider Bände durchlaufend von 1 – 42 nummeriert – dann entfällt die ständige Frage „In welchem Band ist das?“
Viel Spaß beim Musizieren – bis zum nächsten Mal.

Ganassi Altblockflöte in G liegt auf noten von Dowland

Altblockflöte in G nach Ganassi

Silvestro Ganassi lebte im 16. Jahrhundert als Hofmusikant in Venedig. Er war ein gesuchter Virtuose auf Flöte und Gambe – und schrieb für beide Instrumente Unterrichtswerke mit ausführlichen Diminutionsanleitungen. Das für die Flöten heißt: „La Fontegara – Schule des kunstvollen Flötenspiels….“ und ist nach wie vor eine bedeutende Unterlage zum historisch bewussten Musizieren. (Heute überall erhältlich). Besonders spannend: Neben den „etablierten“ Artikulationssilben „Te“, „Le“  und „Re“erwähnt er auch „Cha“ (spr.: ka) – somit also nicht mit der Spitze, sondern der Wurzel der Zunge.
Seine Flötengrifftabelle lässt darauf schließen, dass er deutlich über zwei Oktaven spielte, dazu allerdings Griffe benutzte, die auf unseren barocken Nachbauten nicht funktionieren. Der australische Flötenbauer Fred Morgan (vor wenigen Jahren verstorben) begann als erster mit der Nachkonstruktion einer solchen Flöte. Es gibt sie mittlerweile von vielen Flötenbauern als Sopran in C und Alt in G (tiefster Ton also nicht F!), oft auch in histortischen Stimmtonhöhen wie 460 hz

Ganassi Altblockflöte in G liegt auf noten von Dowland

Mein neuer G – Alt auf einem Blatt aus Dowlands praktikablem Notenbuch *)

Ganassiflöten klingen weich, warm und rund. Gerade den Altflöten in G bekommt die kürzere Mensur offenbar so richtig gut und ich finde, dass sie ganz besonders schön „singen“. Dafür lohnt sich die Mühe, sich die neuen Griffe draufzuschaffen. Meine sehr vereinfachte Grifftabelle zum Einstieg – mit einer Grundtonleiter und jeweils nur einem einzigen Griffvorschlag pro Note –  steht hier auf dem Blog bei den Grifftabellen. Intonieren kann man dann selbst – und ausführlichere gibts massenhaft im Netz.

Meine herrliche neue G – Altflöte, gebaut von Ralf Netsch und natürlich in Stockstadt gekauft – liegt auf dem Foto auf einem Abdruck eines Notenblatts von John Dowland. Der Mann dachte praktisch: Einzelstimmenblätter waren nicht nötig, denn die Consortspieler saßen im Kreis um einen runden Tisch, das Buch lag in der Mitte und jeder fand seine Stimme in bester Lage vor. Man sieht die fünf Melodiestimmen und die Lautentabulatur.

*) Dank an Johannes Bornmann für den Abdruck des Notenblatts in Heft MVB 112!

Stockstadt 2017 – der geliebte Imbiss

„Bauernimbiss“ für Musiker wieder da! Der seit zig Jahren gewohnte, von Stockstädter Bauern für uns spinnerte bunte Vögel liebevollst  eingerichtete Imbiss  war wieder da!! Juchhuh! Berühmte Größen wie unbekannte Spieler mampfen unterm Turnhallendach zufrieden still oder angeregt gesprächig ihre Würstchen und trinken „Gespritzten“ (oder Kaffee und Kuchen). Ja, so muss es sein!
Auch der Sound in der Halle erfüllte wieder die Erwartungen, wie man im Video hören kann. Hier zum Einstieg mal die großen rechteckigen Paetzoldbässe, die sich ständig weiterentwickeln. Im EBO (mehr hier auf der Seite) spielen wir sie natürlich auch seit 10 Jahren:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=J1AWRxSVTxk

Über Neuigkeiten am Flötenhimmel, sowie über meine „Neulinge“ (bin begeistert!) schreibe ich nach Ende des Festivals hier auf die Seite.

Gemshörnchen

Gemshorn, spaßig dekoriert auf Teller mit Butter und Tomaten

Quasi Butterhörnchen (Alt – Gemshorn in F an Tomate und Petersilie)

Ob es sich nun um ein historisches Instrument handelt oder nicht, und ob es nun aus Kuh-, Ziegen oder Gemshörnern (dies ganz sicher nicht!) gebaut wird – fest steht:
Es klingt so weich, milchig, lieblich, wie kein anderes Instrument!

In einem Konzert mit Renaissancemusik  hörte ich Gemshörner zum ersten Mal. Als Sängerin in einem kleinen Ensemble stand ich witzigerweise mit auf der Bühne – aber hatte mit so einer Überraschung absolut nicht gerechnet: Die Instrumentalisten spielten ihre Ritornell zwischenrein auf diesen Hörnchen.
Ihr Klang hat mich sofort derart gerührt und begeistert, dass ich bald darauf ein eigenes Quartett anschaffen  m u s s t e.
Mittlerweile hat sich sogar noch ein Sopranino – Hörnchen dazu gesellen dürfen – da es gar so niedlich piepste.

gemshornquintett, instrumente auf Drahtgitter plaziert

Meine Gemshörner Sno-S-A-T-B

Bis zum ersten Auftritt braucht es allerdings für Laien wie Profis etwas Geduld und viel Einfühlungsvermögen: Die Natur formte schließlich jedes Instrument individuell. Beim ersten vierstimmigen Akkord kann es auch bei sorgfältig gebauten Instrumenten schon mal ganz schön schräg klingen – und dann geht die Arbeit los. Griffe müssen angepasst werden, evtl. benötigt man für die ein oder andere Tonart auch mal ein Stück Tesa auf dem Griffloch.
Hat jede/r dann Sicherheit für die Intonation seines Hörnchens entwickelt, und es tönt schön sauber, wird man vom Ergebnis allerdings wirklich reich belohnt. Es macht auch richtig Spaß, diesen kleinen krummen Hörnchen „gepflegte“ Musik zu entlocken.

Die Instrumente sind wie Blockflöten in C bzw. F gestimmt. Spielen kann man alles, was in den Tonumfang einer Oktave plus 1 Ton passt, überblasen geht nicht.  Darauf muss man achten, wenn man z.B. Renaissancemusik passend machen möchte.
Zum Glück gibt es auch spielfertige Musiksätze. Witzige moderne Stücklein hat z.B. auch  A. Rosenheck komponiert: Music Box (Ursus Verlag).
Sehr viel mehr über Hörnchen und Noten erfährt man auf der Seite des Hörnchenbauers Rainer Schwarze