„Also gut, in Gottes Namen, wir bauen das jetzt als Deutsche Griffweise, was meine persönliche Dummheit und mein Irrtum war.“
(Peter Harlan selbst zu seiner Bauweise, in den Zwanzigern des 20. Jahrhunderts)
Diese Bauweise ist das Ergebnis eines Versuchs, im Zuge der Wandervogelbewegung in den Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts (ausgehend von Berlin-Steglitz) eine ganz vereinfachte Flöte herzustellen.
Sie hat sich langfristig nicht durchgesetzt, existiert in Deutschland aber bis heute vereinzelt noch.
Immerhin betrat „unser“ Instrument dadurch überhaupt wieder die musikalische Bühne!
Die „deutsche Griffweise“ für Blockflöten unterscheidet sich optisch zunächst nur durch ein kleineres 3. Tonloch (von unten) von der barocken. Auf ihr ist es möglich, die ersten Töne der Grundtonleiter durch einfaches Hochheben des jeweils nächsten Fingers zu spielen, während barocke Flöten beim 4. Ton einen Gabelgriff rechts benötigen.
Foto:
Links deutsche, rechts barocke Bohrung. Die Größe des vom Stift gezeigten Lochs kennzeichnet den Unterschied.
Doppellöcher können in beiden Bauweisen vorkommen!
Harlans sofortiger Versuch, die Verbreitung der von ihm konstruierten „Verrücktheit“ (seine Worte) zu stoppen, scheiterte jedoch: Das Flötlein verkaufte sich über viele Handelsfirmen schnell sehr gut, zuerst wohl durch die Firma Bärenreiter.
Tatsächlich wurde im Blockflötenbau gerade durch die aktuelle Jugendbewegung viel experimentiert.
In Zusammenarbeit mit dem in England bereits profilierten Alte-Musik-Spezialisten und erfolgreichen Blockflötenbauer Arnold Dolmetsch begann Harlan die barocke Griffweise mit den Gabelgriffen zu verstehen. Da Dolmetschs Einfluss hier deutlich wurde, sprachen nun manche Leute sogar von einer „englischen“ Griffweise, wenn sie die barocke meinten, die bis heute weltweit gespielt wird.
Das Original – Interview mit Harlan
Der Blockflötist Nik Tarasov hat den Mitschnitt des langen Harlan/Jöde Interviews für den Windkanal aufgeschrieben, hier der Link. Aufbewahrt ist das Band im Archiv der Jugendmusikbewegung, Burg Ludwigstein.
Peter Harlan: innovativer Instrumentenbau abseits des Blockflötenirrtums
Peter Harlan machte sich insgesamt für die Wiederentdeckung und den Neubau mittelalterlicher Instrumente sehr verdient. Er stand in Kontakt mit namhaften Künstlern und Instrumentenbauern der Zeit und arbeitete daran, u.a. nach den Abbildungen und Beschreibungen des Syntagma musicum (Michael Praetorius, 1615) historische Instrumente v e r e i n f a c h t neu zu bauen. Um originalgetreue Kopien ging es ihm in dieser Zeit nicht, sondern um viele für jedermann erschwingliche, einfach zu spielende Instrumente.
Harlan – ein Tonbeispiel hier.
Seine „Zupfgeigen“ (Gitarrenlauten), Fideln und Gamben waren bezahlbar – und teilweise in Bausätzen selbst nachzubauen. Sie taugten ganz im Sinne des Wandervogels gut für schlichte barocke Tänze, die sich neben den Liedern des Zupfgeigenhansels in geselliger Runde spielen ließen.
Nach dem zweiten Weltkrieg zog er mit seiner Instrumentensammlung und der Werkstatt als Musikausbilder in die Burg Sternberg (Lippe). Später führten seine Söhne diese Arbeit fort.
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