Adler Blockflöte in A Markneukirchen, Foto Anne Pape

Schönes altes Flötlein in A

Das musste ja kommen!  Kaum war der Beitrag über die deutsche Griffweise geschrieben, entdeckte ich bei Ebay ein Flötlein, was mich interessierte. Inmitten dieser abgeknabberten  „Meine-Schwester-hat-glaub-ich-früher-mal-gespielt“ – Flöten, die gern appetitlich angerichtet auf dem Teppich liegend fotografiert und mit Hinweisen wie „spielfähig, mit Wischerstab“ oder ähnlich angeboten werden – fiel es mir zuerst wegen des hübschen Kästchens auf. Ich riskierte das Bieten und bekam sie.
„Was nennt sich nicht alles eine Flöte!“ so schimpfte Peter Harlan über die vielen Schrottinstrumente, die damals von Geschäftemachern im Trend des Musik machens  a u c h  fabriziert wurden. Wegen der liebevollen Verpackung, und da ich im Siegel „Markneukirchen“ las,  – die Instrumentenschmiede der Jugendbewegung –  war ich aber schnell überzeugt, dass das Flötlein Qualität haben würde. Aus dem Siegel konnte ich weiter entnehmen, dass Johannes Adler sie gebaut hatte, der sich durch einen Pfeil auf seinen Vornamen von einem Mitanbieter gleichen Nachnamens unterscheiden wollte.
Besonders begeistert war ich, als ich feststellte, dass es eine Sopranflöte ist, die auf A steht! Von Flöten auf fast allen möglichen Stimmtönen aus dieser Zeit hatte ich zwar gehört, aber soetwas hatte  ich tatsächlich noch nie in der Hand.
Nun hatte ich Feuer gefangen und wollte viel mehr über den Blockflötenbau dieser Zeit wissen. Woher?

Siegel der Flötenbauwerkstatt Johannes Adler Dazu hat Peter Thalheimer, Musiker, langjähriger Flöten-Professor (Musikhochschule Nürnberg) und Kenner unzähliger Flötentypen ein tolles Buch verfasst:
Peter Thalheimer,
Die Blockflöte in Deutschland 1920-1945,
Verlag Hans Schneider, Tutzing 2011.
Unglaublich, wie präzise und unermüdlich da recherchiert wurde, was da an Informationen drin steckt!  Details über Harlan und -zig andere Instrumentenbauer, über bauliche Überlegungen, Maße, Materialien, Stimmungen, Werkstätten – und dann auch zu Spielstilen, Klangidealen. Ein weites Feld, schwere Kost auf 530 Seiten, aber lohnte sich anzuschaffen.

Ich erfuhr aus diesem Buch auch,  dass die heute „normale“ Stimmung auf  C oder F erst  im Jahre 1937 durch eine Anordnung des Kulturamtes zustande kam,  veröffentlicht  in der „Amtlichen Musikzeitschrift der Reichsjugendführung….und der N.S.Gemeinschaft <Kraft durch Freude>…“(Thalheimer S. 93)

Mein neues Flötenschätzlein jedenfalls sieht nicht nur gut aus, sondern klingt auch sehr schön. Sein Ton ist etwas milchig, weich und doch klar. Es macht Spaß, drauf zu spielen – und ehrlich gesagt bringt die deutsche Griffweise hier absolut keine Nachteile – man gleicht einige Töne etwas aus, so wie auf anderen Flöten auch.

Nik Tarasov, Foto Anne Pape 2014Ich nahm das Instrument mit zu den Tagen Alter Musik in Stockstadt und hatte Glück, dass Nik Tarasov (Windkanal) und die Flötenbauerin Mechthild Heyl aus der Werkstatt Mollenhauer  gerade einen Moment Zeit dafür hatten, es zu reinigen- und es hat sich gelohnt (vielen Dank!). Nun bin ich also um ein altes Flötlein reicher und viel neugieriger als vorher, noch mehr zu erfahren.
Mehr zum Thema? Deutsche Griffweise – Peter Harlan

4 comments

  1. Hallo Frau Pape, ich bin auf der Spur von Johannes Adler auf ihren Interessanten Block gestossen und erfahre mit Erstaunen, dass es zwei des selben Namens gegeben haben soll. Ich habe bis jetzt nur Infos über einen Flötenbauer dieses Namens gefunden.

    Im Blockflötenmuseum werden auch unter dem Namen Flöten mit und ohne Pfeil gezeigt, so dass man annimmt es wäre ein und der selbe. Die haben ihre Infos wohl auch aus dem Werk Peter Thalheimers.

    Ich habe auch vor kurzem eine Sopranflöte in C aus der „Bucht“ gefischt. Nicht so ein feines wie sie, aber auch sehr toll im Klang und Spiel. Meine hat einen Kopf aus Ebonit, wo auch ein kleiner Pfeil über dem geschwungen geschriebenen Namen zu sehen ist und das andere Teil ist aus Cocobolo. Im Blockflötenmuseum ist genau die selbe ohne Pfeil zu sehen, aber der Name ist in Druckschrift. Leider habe ich das Werk von Peter Thalheimer nicht, steht da tatsächlich was von zwei unterschiedlichen „Johannes Adler“, oder verstehe ich da was falsch?

    1. Hallo Herr Klug, danke für das Interesse an meinem Blogbeitrag! Ich habe das mit der Namensgleichheit schnell noch mal nachgeschaut. Auf S. 196 in seinem Buch „Die Blockflöte in Deutschland 1920-1945“ führt Peter Thalheimer vier verschiedene Prägestempel für Flöten von Johannes Adler an, erst ohne und ab der dritten mit Pfeil bzw. sogar zwei Pfeilen auf den Vornamen. Wie er weiter schreibt, war auch in Prospekten eine zunehmende Betonung des Vornamens zu verzeichnen, etwa durch Sätze wie: „Auf diesen Vornamen kommt es an!“ Thalheimer äußert die Vermutung, dass Johannes Adler sich damit vom sehr engagierten Flötenbauer Oscar Adler („Sonora“, baute auch Querflöten und Czakane) unterscheiden wollte. Es liegt also – wie ich auch schrieb – nur Gleichheit des Familiennamens vor.
      Ich hoffe, das war hilfreich, wünsche weiter erfolgreiche Recherchen und grüße Sie sehr herzlich, Anne Pape

      1. Und ob das hilfreich war, dankeschön Frau Pape für die ausführliche Erklärung. Da habe ich wohl nur was falsch verstanden.
        Peter Thalheimers Buch scheint ja „das“ Standardwerk für diese Zeit zu sein. Leider ist es ganz schön rar, aber vielleicht finde ich mal ein bezahlbares Exemplar. Das könnte mir auch gefallen.
        Ich restauriere für mich auch gerade eine Bärenreiter-Tenorflöte die schon länger bei mir liegt und wundere mich, wer da alles damals für diese Firma Flöten baute. Durch die Flöte wurde mein Interesse geweckt und als ich nach alten Exemplaren Ausschau hielt, konnte ich die „Adlerföte“ günstig steigern.
        Hier im musiker-board stelle ich sie gerade vor:

        http://www.musiker-board.de/threads/blockfl%C3%B6te-von-johannes-adler-1899-1963.630832/

        und hier schreibe ich gerade ein wenig über meine Bärenreiter-Tenor, die gerade von mir einen neuen Hebel verpasst bekommt, da nur noch die Klappe vorhanden war:

        http://www.musiker-board.de/threads/b%C3%A4renreiterfl%C3%B6ten.629792/

        Herzlichen Dank nochmal und liebe Grüße aus dem Pfälzerwald,

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